Leistungsstark in der Serie und flexibel in der L-1-Produktion

„Wir suchen eine Sägeanlage, die unsere Serienteile äußerst leistungsstark aufteilt, die aber auch in der Lage ist, Zulieferaufträge kleinerer Stückzahlen ähnlich einer L-1-Produktion herzustellen“, mit diesem Satz begann Steven Verraes, Eigentümer von Meubar, die Zusammenarbeit des Möbelproduzenten im belgischen Aartrijke und der Flensburger Anthon GmbH. Das Resultat des anspruchsvollen Projektes: die im Februar ausgelieferte LNE-D/LNE 66/27 – die größte, jemals von Anthon gebaute Aufteilanlage für Möbel.

Der vor 60 Jahren gegründete belgische Möbelproduzent Meubar produziert an zwei Standorten und erwirtschaftet mit 180 Mitarbeitern jährlich einen Umsatz von 50 Millionen Euro. Gefertigt werden Ess-, Schlaf- und Jugendzimmer aus hochwertigen Melaminplatten. Nach eigenen Aussagen ist die Gruppe stark wachsend, weil viele neue Materialien eingesetzt werden, die auf modernen Maschinen bearbeitet werden und sich damit exklusive, innovative Möbel produzieren lassen. „Neueste Designs und Fertigungsmethoden ermöglichen es Meubar, innovative Exklusivmöbel herzustellen. Bewusst haben wir uns gegen das Massengeschäft und für Exklusivität entschieden“, so Verraes. „Es ist bedauerlich, dass die Herstellung von Holzbearbeitungsmaschinen mehr und mehr zu Standardmaschinen neigt und es immer schwieriger wird, mit den Maschinenherstellern neue Konzepte umzusetzen. Glücklicherweise gibt es Firmen wie Anthon, sodass sich Möbelhersteller wie Meubar weiter profilieren können.“

Drei Beschickungsvarianten
Die LNE-D/LNE 66/27 ist eine solche Möglichkeit zur Profilierung. Dabei handelt es sich um eine Winkelanlage, die aus einer Längs- und Quersäge mit einer maximalen Schnitthöhe von jeweils 320 mm besteht. Zum Einsatz kommen Sägeblätter mit 1 000 mm Durchmesser. Neben Spanplatte werden MDF, HDF und Wabenplatten aufgeteilt. Das Material kann roh oder beschichtet zugeführt werden. Die Plattendicke variiert zwischen 1,4 und 100 mm, da alle Möbelteile auf der neuen Anlage aufgeteilt werden sollen. Ein Highlight der Sägenanlage ist die Beschickung. Um die verschiedenen Materialien zuführen zu können, wurden in der Anlage mehrere Zuführmöglichkeiten kombiniert: Eine Vakuumbeschickung übernimmt die Zuführung der Materialien mit empfindlicher Oberfläche. Dabei werden Einzelplatten angesaugt und in der Paketbildestation zu Paketen vereint. Eine Einschubbeschickung führt die Materialien mit unempfindlicher Oberfläche zu, wobei Teilpakete vom Stapel abgeschoben und dadurch kurze Beschickungszeiten gewährleistet werden können. Die Dünnplattenbeschickung rundet das vielfältige Zuführsystem ab. Hier werden Pakete von Dünnplatten in eine Mangelwalze eingeschoben, die sie weiter in die Paketbildestation fördert. Mit den drei Beschickungsvarianten lassen sich – angefangen bei 1,4-mm-Dünnplatten über hochempfindliche Beschichtungsmaterialien bis hin zu 100 mm starken Wabenplatten – verschiedenste Plattenmaterialien schnell und präzise der Aufteilanlage zuführen. Nach der Beschickung erfolgt die Paketbildung für die Sägenanlage.

Moderne Hardware
Die Sägenanlage basiert auf dem neuesten Stand der Technik. Beide Sägen sind mit einer automatischen Überwachung des Sägeblattes versehen, die ein seitliches Auswandern verhindern. Zum Einsatz kommen dafür elektronische Messeinrichtungen und Sägeblattstabilisatoren. Für jedes Plattenmaterial sind Programmparameter hinterlegt, mit denen automatisch werkstoffspezifische Drücke der Positionierklammern und Druckbalken angewählt werden. Längs- und Quersäge sind mit einer vertikalen Ritzsäge versehen; so lassen sich auf beiden Sägen auch Postformingteile verarbeiten. Beide Sägen sind mit speziellen Saugportalen für die Spanabsaugung ausgerüstet. Weil sich beim Schneiden von Wabenplatten nicht verhindern lässt, dass Späne in die Zwischenräume eintreten, sind hinter beiden Sägen Saugportale für die Streifenabsaugung vorgesehen. Jedes Portal besteht aus zwei automatisch verfahrbaren Absaugbrücken. Entsprechend der Streifenbreite positioniert, verfahren die Absaugeinheiten entlang der Schnittfuge, um die Zwischenräume zu reinigen. Nur so lässt sich gewährleisten, dass die Wabenplatten bei den nachgeschalteten Produktionsschritten fehlerfrei verarbeitet werden können. Abgeworfene Säumlinge werden direkt an der Längs- und Querseite in absaugfähige Größen zerkleinert. Hierfür ist je eine Zerspanermühle vorgesehen. Eine Besonderheit der Anlage ist die Abstapelung, wo zwei Möglichkeiten zur Verfügung stehen. Neben einer Lagerrückführung für Großformate bis 5 000 mm gibt es eine automatische Abstapelung mit zwei Robotern. So wird gewährleistet, dass Großplatten für spezielle Aufträge gefertigt und dem Lagersystem zugeführt werden. Die Roboterabstapelung bildet zudem die Stapel für alle weiterführenden Anlagen.

Leistungsfähige Software
Hinsichtlich der Raumverhältnisse wurde die Anlage optimal ausgeführt, sodass der vorhandene Platz zu fast hundert Prozent belegt ist. Die Schaltschränke sind in einem klimatisierten Raum in der Mitte der Anlage unter einer Plattform positioniert. Auf die Plattform wird von Anthon ein Bedienraum installiert, von dem aus die komplette Anlage einsehbar ist und von einem Bediener gefahren wird. Gesteuert wird die Anlage mit einer Siemens-Simatic S7-1518F. Die Programmierung erfolgt mit Step 7 V14 und dem TIA-Portal von Siemens. Mit der Steuerung sind alle Ein- und Ausgänge der Anlage wie Sensoren, Ventile und Antriebe verbunden. Die Vernetzung innerhalb der Anlage wird durch Profinet realisiert. Die Vorteile der S7-1518-CPU bestehen in Performance, Speicherumfang und Datensicherheit. Die CPU beinhaltet eine Sicherheits-SPS, um die Notaus-Funktion und Sicherheitsbereiche rund um die Anlage zuverlässig abzusichern und den Bediener vor Gefahren zu schützen. Die Benutzerschnittstelle ist mit einem Comfort Panel 1500 von Siemens mit Touchscreen realisiert. Der Bediener kann damit alle Parameter der Anlage beeinflussen und kontrollieren, aber auch jeden einzelnen Antrieb von Hand bewegen. Hier erfolgen zudem Meldungen und Fehleranzeigen. Für die Fernwartung ist ein VPN-Router vorgesehen, der einen sicheren Zugriff auf die Steuerung ermöglicht. Die Anthon-Hotline hat damit einen umfassenden Zugriff auf die Steuerung und kann schnell Fehler analysieren und beheben. Das garantiert kurze Ausfallzeiten für den Kunden. Ein wichtiger Baustein der Anlage ist der Leitrechner, der sie mit übergeordneten Systemen wie dem Fertigungsleitsystem und dem Lager verbindet sowie mit den notwendigen Parametern und Bearbeitungsschritten versorgt. Die Software des Leitrechners wurde vollständig von Anthon entwickelt und steht für Linux und Windows zur Verfügung. Die benutzerfreundliche Oberfläche ermöglicht ein schnelles Einarbeiten und eine sichere, transparente Bedienung.

Wettbewerbsvorteil geschaffen
„Der massive Maschinenbau und die Verwendung modernster Software waren ausschlaggebend für die Auftragsvergabe an die Firma Anthon“, so Verraes. „Mit Anthon haben wir einen Lieferanten gefunden, der die leistungsstarke Produktion von Serienteilen und die flexible L-1-Fertigung in einer Anlage gewährleisten konnte.“ Und Bernd Jochims, Vertriebsleiter bei Anthon, ergänzt: „Die Anforderungen, die Meubar in diesem Projekt an uns stellte, waren sehr vielfältig. Mit der gelieferten Anlage hat sich der belgische Möbelhersteller einen Wettbewerbsvorteil geschaffen, der es ihm über viele Jahre erlauben wird, dem Kunden hochwertige Möbel flexibel und schnell anzubieten.“